1971 - DIE GRÜNDUNG
    ARBEITERWOHLFAHRT - Ziel und Aufgaben
    Gedanken zur Gründungsversammlung der Arbeiterwohlfahrt 
    Ortsverein Leinfelden am Montag, den 20.9.1971
    Als nach den ersten Weltkrieg durch die Initiative einer Frau, der ersten
    Abgeordneten in einen deutschen Parlament - Marie Juchacz - die Arbeiterwohlfahrt
    ins Leben gerufen wurde, gab der Präsident der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, dieser
    jungen Organisation den Leitsatz mit auf den Weg: "Arbeiterwohlfahrt - das ist
    Selbsthilfe der Arbeiterschaft".
    Die Nachkriegsjahre mit ihren Nöten waren für die Arbeiterwohlfahrt eine gute
    Lehrmeisterin  gewesen. Auf alle Gebiete der sozialen Arbeit erstreckte sieh das
    Tätigkeitsfeld. Kindernot und Inflation gaben keine Möglichkeit zu
    theoretisieren, sondern zwangen, praktisch zu helfen.
    Die ersten Ansätze der Zusammenarbeit von öffentlicher und freier Wohlfahrtspflege wurden dokumentiert durch Stellungnahmen
    zum Mutterschutz, zur Bevölkerungspolitik und vielen anderen Problemen der
    damaligen Zeit.
    Alle diese Ansätze zu sozialen Reformen wurden im Jahr 1933 durch das Verbot der Arbeiterwohlfahrt
    zunichte gemacht.
    12 Jahre der inneren Emigration hinderten nicht daran, 1945 als
    Deutschland ein Land in Tränen und Blut war, die Arbeiterwohlfahrt wieder
    ins Leben zu rufen.
    Wieder war es die äußere Not von Millionen Menschen, die von der Arbeiterwohlfahrt
    praktisches Handeln erwarteten. Die Jahre nach 1949 zeigten, dass sich unsere Gesellschaft
    in Deutschland soziologisch verändert hat. Die Zielsetzung der Arbeiterwohlfahrt ist in
    ihrem Kern bis heute die gleiche geblieben. Der Katalog sozialer Hilfen jedoch hat andere
    formen angenommen.
    Die Arbeiterwohlfahrt geht von dem Grundsatz aus, dass man soziale
    Missstände nicht an ihren Symptomen kurieren kann,
    sondern in einem fortschreitenden Prozess sozialer Reformen die Beseitigung der
    Ursachen anstreben muss.
    Die Vielfältigkeit der Arbeit wird dokumentiert durch die Hilfen für Kinder und alte
    Menschen, Kindergärten, Kurheime, Hilfe für die heranwachsende Jugend, Lehrlings- und
    Studentenheime, sowie Maßnahmen, die vorbeugenden Charakter haben, sind besonders in Bereich des
    Muttererholungswerkes zu sehen.
    Ein besonderes Anliegen ist es, durch die erhöhte Lebenserwartung der
    Menschen, die Hilfe für den alten Bürger zu verstärken. Der Bau von modernen
    Altenheimanlagen legt Zeugnis davon ab.
    Die Blickrichtung der Arbeiterwohlfahrt in Gegenwart und Zukunft findet keinen
    besseren Ausdruck, als in den Worten des Bundespräsidenten Heinemann, die er aus
    Anlass des 50-jährigen Bestehens der Arbeiterwohlfahrt wie folgt formulierte:
    
      "Der gesellschaftlichen Entwicklung folgend, ist die Arbeiterwohlfahrt aus der
      Begrenzung ihres Namens herausgewachsen. In großer Breite und uneingeschränkt
      wirkt sie überall da, wo Einzelne oder ganze Gruppen der Hilfe bedürfen."
    
    In einer aufstrebenden Stadt, wie Leinfelden, mit einer fortschriftlichen Bürgerschaft sollte auch die Arbeiterwohlfahrt
    ihr Werk beginnen können.
    Humanitäres Handeln aus sozialer Verantwortung sei hierbei der Leitgedanke.
   Günter Mielau