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ARCHIV DER AWO LE - 1975

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WALDHEIM MÄULESMÜHLE 1975

Aus der Filderzeitung vom 18. Juli 1975

65 Kinder haben die Komede-Scheuer "erobert"

Eine Kulisse für Kinderträume

Betreuung durch Arbeiterwohlfahrt - Leinfelden-Echterdingen stellt das Gebäude

Von unserer Mitarbeiterin Ruth Schwegler

LEINFELDEN-ECHTERDINGEN. - Wo sonst Schauspieler mit dem Mundart-Stück „d'r Sebastian kneippt", die Theatergäste unterhalten, tummeln sich voller Begeisterung 65 Kinder: Die Komede-Scheuer bei der Mäulesmühle wird derzeit — zum erstenmal — als besonders originelles Waldheim genutzt. Wenn die kleinen Bürger dort im Siebenmühlental auch jeden Tag spielen, so schauspielern sie doch nicht. Sie machen Theater, wie's nur Kindern gelingt: Sie sind dabei völlig sich selbst. Sie tollen, malen, kickern, basteln, spielen oder wandern — ganz wie sie dazu Lust haben und wie es ihnen gefällt. Sicherlich hat jede Kindergruppe ihren Betreuer, der dann und wann einmal dem Toben Einhalt gebieten muss, doch rund um die Komede-Scheuer ist so viel Platz, dass dem Bewegungsdrang der Kinder kaum Grenzen gesetzt werden muss Überhaupt scheint der Versuch, für Theater und Waldheimferien das gleiche Gebäude zu nutzen, bei der Mäulesmühle aufs beste gelungen zu sein.

Die doppelte Nutzung der Komede-Scheuer war vom damaligen Gemeinderat in Leinfelden bereits vorprogrammiert worden: die Scheuer bei der Mäulesmühle wurde unter der Bedingung neuerstellt, dass während der Sommerpause des Theaters die Waldheimkinder Quartier beziehen können. Die schmucke Scheuer bietet dazu auch ideale Bedingungen. Tische und Bänke konnten bleiben, die kleine Theke reicht aus und das Essen wird vom Altenheim der Arbeiterwohlfahrt in Musberg angefahren.

Die Arbeiterwohlfahrt ist es auch, die in der Komede-Scheuer für die Betreuung der Kinder verantwortlich ist. Johanna Schneck, die Leiterin der Waldheimferien im Siebenmühlental, spricht aus, was die Kinder tagtäglich erleben: das Glück, nach kurzer morgendlicher Fahrt im Waldheim zu sein, sich dort zunächst zum Frühstück zu versammeln, um dann in Gruppen von je elf bis dreizehn Kindern gemeinsam etwas zu unternehmen. Auch für das Mittag- und Abendessen ist gesorgt. Dabei haben die Eltern wöchentlich lediglich einen Betrag von 30 Mark plus zusätzlichem Fahrgeld zu bezahlen. In Härtefällen springt auch die Arbeiterwohlfahrt ein. 

Noch im letzten Jahr mussten sich die Kinder aus Stetten, Echterdingen, Leinfelden, Ober- und Unteraichen sowie aus Musberg mit zahlreichen anderen Kindern den Platz im Böblinger Waldheim teilen. 

Mit dem Waldheim in der Komede-Scheuer bietet sich in diesem Jahr den Kindern die Gelegenheit, in einer Atmosphäre der Freundlichkeit und Natürlichkeit, geprägt durch enge persönliche Kontakte zu Kameraden und Betreuer, Ferien zu verbringen, die zum Erlebnis werden können. Denn im Siebenmühlental fehlt es keineswegs an Aktionsmöglichkeiten.

Und wie eifrig die Jungen und Mädchen bei der Sache sind, zeigen allein die vielen selbstgemachten Bilder, die die Komede-Scheuer schmücken. Beliebt ist von allen kleinen Bildhauern der Platz, wo die Bimmssteine liegen: dort werden Tiere, Aschenbecher, Vasen und vieles mehr durch eitrige Steinbearbeitung geschaffen. Und an besonders heißen Tagen macht natürlich das Planschen im Wasser einen Riesenspaß. Die Arbeiterwohlfahrt hat auch für ein aufblasbares Wasserbecken gesorgt.

Helmut Schärich, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Leinfelden- Musberg- Echterdingen, sieht denn auch die Waldheimferien nicht nur als reines Alternativangebot zur Reise oder zur Langeweile der Ferien zuhause: „Die Waldheimferien im Siebenmühlental stellten eine echte Notwendigkeit dar."

Der Grund: Kindergärten, Schulen und auch das Tagesheim in Leinfelden ist geschlossen. Die Kinder, deren Eltern zum größten Teil berufstätig sind, stünden buchstäblich auf der Straße. Um solchen Kinder-Schicksalen wirksam entgegentreten zu können, konnten zu den Ferien in der Komede-Scheuer bereits Fünfjährige angemeldet werden.

Am Mittwoch nun machten Vertreter des Bezirksverbandes Nordwürttemberg der Arbeiterwohlfahrt Station im Siebenmühlental. Vorsitzender Günter Mielau berichtete, dass sich das neue Sommer-Waldheim zu den 25 Waldheimen reihe, die von der Arbeiterwohlfahrt in Nord-Württemberg betreut werden. Insgesamt investiert der Bezirksverband jährlich drei Millionen Mark, um Kindern Waldheimferien zu ermöglichen oder die kleinen Bürger zur sogenannten vorbeugenden Gesundheitshilfe in Heime zu schicken. Vor allem sei die Arbeiterwohlfahrt dankbar für die Zuschüsse der Landesversicherungsanstalt, betonte der Vorsitzende und wies gleichzeitig auf die immer schwieriger werdende finanzielle Situation hin, die insbesondere dann entstehe, wenn das Land seine Mittel im Landesjugendplan noch mehr kürze. Umso mehr ist die Arbeiterwohlfahrt der Stadt Leinfelden-Echterdingen dankbar, die über die vier Wochen Waldheim-Ferienzeit die Komede-Scheuer unentgeltlich zur Verfügung stellt.

  FZ-Fotos: Erzinger

Buntes Treiben herrscht derzeit dort, wo sich sonst an den Wochenenden Theatergäste sammeln: In der Komede-Scheuer im Siebenmühlental. Während die Schauspieler Sommerpause halten, machen bei der Mäulesmühle 65 Kinder Theater. Die Jungen und Mädchen sind von ihren Waldheimferien begeistert, finden sie doch in einer Umgebung besonderer Art statt. Da ist nicht allein die gemütliche schmucke Theater-Scheuer, sondern es gibt rundherum zahlreiche Aktionsmöglichkeiten. und die Arbeiterwohlfahrt als Betreuer hat für genug Attraktivitäten gesorgt: es gibt Bimssteine für kleine Bildhauer, ebenso wie ein Wasserplanschbecken oder genügend Farbe, Papier und Malkreide. Je ein Betreuer oder eine Betreuerin kümmert sich um elf bis dreizehn Kinder; vertrauensvolle Beziehungen können damit zwischen Kindern und Betreuern gleichermaßen entstehen, wie unter den Jungen und Mädchen selbst. Die intime Atmosphäre ist es denn auch, die dem Besucher das Gefühl vermitteln, am lustigen und unbeschwerten Feriendasein der Kinder wenigstens kurzzeitig teilzunehmen. — Als Momentaufnahmen erfassen unsere Bilder nur einen geringen Teil dessen, was bei der Mäulesmühle Ferien machen heißt: Ob beim „Händespiel" mit der Betreuerin (links), oder dem Malen vor der Staffelei ,— die Kinder ließen sich nicht stören. Auch nicht von Amtsverweser Dr. Rienhardt und dem Beigeordneten Häussler aus Leinfelden- Echterdingen (Bildmitte, von rechts). — Ganz konzentriert ist auch die kleine Künstlerin (Bild rechts) — es wird sicher ein herrliches Bild werden. 

 
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Letzte Aktualisierung am 18.03.06
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